Warum gibt es diesen Blog?

Darauf gibt es ein paar Antworten: seit Oktober 2008 führe ich meinen Blog „My New Life In Canada“. Nachdem ich da hin und wieder Einträge über mein Leben in Paraguay eingestellt habe, bekam ich viele Mails, Kommentare und Telefonate mit der Bitte, weitere Beiträge über diese Zeit zu schreiben.

Obwohl es genauso mit meinem Leben zu hat, passt es aber nicht unbedingt zwischen die Berichte von meiner neuen und jetzigen Zeit in Kanada.

Dazu kommt, dass aus dieser schicksalhaften Zeit der Einwanderer in Paraguay von Anfang 1900, sehr wenig niedergeschrieben wurde. Die Älteren, die es miterlebt haben, sind leider schon verstorben.

Doch mein wichtigster Beweggrund für diesen Blog ist, das Erlebte von damals an meine Kinder und Enkel weiterzugeben. Sollten sie irgendwann wissen wollen, wie es damals war, müssen sie sich keine Vorwürfe machen, den Zeitpunkt danach zu fragen, verpasst zu haben.

Genau das ist mir passiert. Als ich jung war, interessierte es mich nicht. Ich fand die Geschichten aus der alten Heimat und die des neuen Aufbaus in Südamerika langweilig und nervig.

Ich war Kind und wollte Kind sein. Als ich erwachsen wurde, hatte ich meine eigenen Träume und Verrücktheiten im Kopf. Dann hatte ich mein eigenes Leben und meine eigene Familie.

Später wollte ich es wissen, doch die Großeltern waren längst verstorben, mein Vater auch und meine Mutter war von mir zu weit entfernt.

Bestimmt habe ich im Leben viele Fehler gemacht. Anstatt darüber zu jammern, betrachte ich es als eine Lehre und versuche, es in Zukunft besser zu machen.

Doch würde mir das Schicksal einen einzigen Tag meiner Jugend zurückgeben, würde ich ihn mit meinem Großvater „Opa Dreyer“ verbringen und ihm pausenlos Löcher in den Bauch fragen!

Diesen Blog widme ich meinen Kindern

Sonja A. McGill und Stephen J. Bennett.


„Ein niedergeschriebenes Wort, wird durch seine Veröffentlichung zu einem eigenen Leben erweckt“.

Dienstag, 28. September 2010

Der Lustmacher

Die Erziehungsmaßnamen waren früher anders als heute. Das weiß auch jeder. Wenn uns heute die Kinder ausspielen wollen, wir die Nerven verlieren und die kleinen Plagen mal kurz anstupsen, muss man aufpassen, dass man keine Anzeige bekommt.

Was war das hingegen vor 50 – 60 Jahren (als wir Kinder waren) doch für ein Segen für genervte Eltern. Prügel, Schläge, übers Knie legen und je nach Stimmung mit Hose runter oder Hose an, mit dem Stock, mit dem Gummischlauch, mit der Hand oder mit dem Besen. Vor allem auch noch so ungerecht, vier Erwachsene gegen ein Kind! Ja, nicht alle auf einmal, aber immerhin war es legal von Eltern und Großeltern. Je nach Situation, auch mal von den Paten, Lehrer oder sonstigen „Großen“ was ab zu bekommen.

Ach ja, Kind sein war nicht immer wie es jetzt ist. Was war wohl besser? Ich persönlich stimme dafür das Beides falsch ist. Aber hier geht es nicht darum, was heute besser sein könnte, sondern einfach wie war es damals in Paraguay bei den Dreyer’s.

Da fange ich am besten gleich mal beim Titel an. „Der Lustmacher“… um Gottes Willen, denkt jetzt nicht das, was manche denken würden… Der Lustmacher war ganz bescheiden nur das Teil, das unsere Mutter holte, wenn wir keine Lust hatten zu gehorchen.

Hausarbeiten, Schulaufgaben, sich waschen oder einfach auch nur mal gerade sitzen bleiben, kommt nicht unbedingt zu den Begriffen „was Kinder mögen“. Mit anderen Worten; Kind hatte keine Lust oder sagte es auch. Dann sagte immer unsere Mutter; „soll ich den Lustmacher holen?“ Als sie es das erstemal sagte, fanden wir es noch ganz lustig und waren aufgeregt was wohl ein Lustmacher sein könnte. Vielleicht ein Caramelo? Oder gar ein Rippchen Schokolade? Nee, nee… sie brachte eine Rute!

Von da an gab es nicht nur die „Großen“, sondern auch noch zusätzlich den sch… Lustmacher!

Da fällt mir gerade ein, für die heutige Generation würde es „Bockmacher“ heißen. Und darüber werden auch mal eure Enkel lachen, ihr lieben Jungen!

Wenn ich von den „Großen“ schreibe, dann meine ich damit die Älteren/Erwachsenen oder auch größer als ein selbst.

Zwangsläufig wurde es auch irgendwann bei uns Zuhause zu eng. Die beiden Herren des Hauses prallten immer öfter wegen Meinungsverschiedenheiten gegeneinander. Der heranwachsende und älteste Spross glaubte auch, die Rolle des Oberhauptes sei ihm geweiht, sobald die zwei anderen Häupter sich anderweitig beschäftigten oder sich außer Hör- und Reichweite befanden.

Aber erst mal zurück zum Haus das zu eng für zweieinhalb Generationen wurde. Das sahen die „Großen“ ein und unsere Großeltern bauten sich ein eigenes Häuschen. Aufs gleiche Grundstück aber höchstens 30Mr entfernt. Eigene vier Wände, aber ganz wichtig war, weiterhin auf Hörweite zu bleiben. Grundsätzlich war es eine Notwendigkeit um den nötigen Sicherheitstand zu halten. Das hat jetzt nichts mit Versicherungen oder so zu tun, so was gab's ja nicht, es war eine sehr gefährliche Zeit wegen Überfälle und so.

Von der pikanteren Seite gesehen, diente diese Nähe als so was wie eine innerfamiliere Spionage Möglichkeit .

So bekam man immer noch mit, was im Haus der jüngeren Generation so vor sich ging. Besonders wenn es mal laut wurde, stieg auch der Interessepegel. Wehte dann vielleicht der Wind aus der falschen Richtung, konnte man immer noch ein wenig an den Pflanzen herumzupfen oder Unkraut in hörbarer Nähe rupfen. Anders ausgedrückt, es blieb immer und ewig zu eng!

Unsere Oma, Gott hat sie selig, war ein wenig arg neugierig. Ihre Schwiegertochter, unsere Mutter, Gott hat sie auch selig, wusste das zu gut und nutzte jede Gelegenheit sie in dieser Hinsicht ein wenig zu reizen.

Manchmal frage ich mich, ob der liebe Gott es inzwischen geschafft hat, dass die beiden Damen da oben gemeinsam auf einer Wolke sitzen und sich vertragen.

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Hier ein Bildchen von Oma und Opas neue Haus. Mit den Beiden natürlich und den drei Ältesten Geschwistern.

Jetzt ein paar Beispiele über Erziehungmaßnahmen und warum ich bis heute noch davon überzeugt bin, dass wir für unseren großen Bruder nur ein paar „zahme Äffchen“ zum herum scheuchen waren.

Er hatte seinen Spaß, in dem er uns bei Abwesenheit der Erwachsenen, wie Sklaven herumkommandierte. Taten wir es nicht, wurden wir von ihm auf irgendeiner Weise bestraft, oder kündigte es uns zumindest an.

Er blieb länger auf und spielte Karten mit der Angestellten. Wir mussten ins Bett und absolut ruhig sein. Wir durften uns nicht einmal umdrehen, weil der Strohsack raschelte (unsere Matratzen wurden mit trockenen Maisblättern gefüllt). Selbst wenn wir „mussten“, mussten wir es unterdrücken.

Als es bei einer Abwesenheit der Eltern mal wieder zu arg wurde, ging Manfredo und Isolde zu Opa und beklagten sich über Norbertos Sklaventreiberei.

Die Islode hielt sich im Hintergrund während Manfredo schweren Herzens alles rausließ was zu viel war. Kurzerhand schnappte sich der Großvater den unschuldigen Jungen, legte ihm übers Knie und versohlte seine kleine Sitzfläche so, dass der Arme ein paar Tage im stehen sitzen musste. Danach stellte er ihn vor sich hin und sagte oberbefehlshaberisch; „Das ist dafür gewesen, weil du deinen Bruder verpetzt hast!“ Erst dann nahm er sich den großen Bruder vor und verprügelte ihn gleichermaßen. Meine Schwester war noch klein, aber schon schlau genug um dankbar zu sein, den Mund im richtigen Moment gehalten zu haben.

Ich gebe ja auch zu, dass ich ein wenig über den Durchschnitt von unseren Vater verwöhnt wurde. Das wusste ich auch und rannte immer zu ihm und petzte. Was wiederum den Nachteil hatte, dass ich nochmehr geärgert wurde, wenn er außer Reichweite war.

Auch war ich so was wie ein „Milchkind“. Nur von Milch, Milch und nix anderes als Milch ernährte ich mich. Die ersten 23 Monate meines Lebens, nur Muttermilch. Ich war schon so groß, dass ich selbst den Schaukelstuhl vorrücken konnte, meine Mutter rückwärts draufschieben, auf ihren Schoße klettern und ihr Kleid aufknöpfen konnte. Später ein paar Jahre noch, hauptsächlich nur Kuhmilch, aber immer im Fläschchen morgens ans Bett gebracht und abends vorm Einschlafen genauso.

Eines Tages, Eltern weg - Bruder Boss… er machte mein Fläschchen und tat viel zu viel Zucker rein. Ich beschwerte mich. Er nahm das Fläschchen und tat Salz dazu, damit es nicht mehr zu süß ist. Ich beschwerte mich weil es zu salzig war. Er nahm das Fläschchen und tat Zucker dazu. Dann noch einmal Salz und wieder Zucker. Er erlaubte keine Beschwerde mehr, ich trank ein Teil dann drehte sich mein Magen um und schüttete alles zurück. Oh Backe, ich bekam einen Anschiss von ihm, weil ich zu blöd war mein Fläschchen zu trinken ohne zu kotzen!

Krass war ja die Bauchwehkur die er mir verpasste.

Ok, ich war schon immer sehr gutgläubig und man (Geschwister) konnten mich leicht veräppeln. Als Erwachsene haben wir inzwischen schon sehr oft über diese Geschichte gelacht. Nun kommt es auf ein paar Lacher mehr auch nicht mehr an.

Eine „Eltern weg - Bruder Boss Geschichte“.

Wieder musste ich früher und alleine ins Bett, weil ich ja dumm und klein war. Ich hörte aus meinem Zimmer, wie die anderen Geschwister nebenan im Wohnzimmer kicherten und ihren Spaß hatten. Ich wollte doch auch so gerne dabei sein.

Ich rief ganz sachte: Norbert…

Er: WAS?!!!

Ich mit Mäuschenstimme: darf ich raus?

Er: HALT DIE KLAPPE UND SCHLAF!!!

Ich, (nach einer Weile): Norbert…

Er: DU SOLLST ENDLICH SCHLAFEN!!! (Schimpfwort, Schimpfwort)

Ich, (ganz schlau): ich hab doch Bauchweh

Er: HALT ENDLICH DIE KLAPPE!!!

Ich (schluchzend und inzwischen tat der Bauch wirklich weh): Aber, mein Bauch tut doch so weh…

Er: STECK DEN FINGER IM AR… UND HALT ENDLICH DEINE KLAPPE!!!

Erstmal Ruhe…

Eine ganze weile später…

Ich: Norbert…

Er: WARUM SCHLÄFST DU NOCH NICHT???!!!

Ich: Mein Bauch tut immer noch weh…

Er: HAB DIR DOCH GESAGT DU SOLLT DEN FINGER IM AR… STECKEN!

Ich (laut schluchzend): Hab ihn doch noch stecken, aber mein Bauch tut immer noch weh…

Ja, es ist wohl nicht schwer zu erraten, wer von uns wohl am meisten dafür sorgte, dass der „Lustmacher“ nicht an Gebrauchsmangel litt.

Auch ich war mal als kleines Kind gewaltig dran. Da wusste ich zwar noch nicht was ein Lustmacher war, aber er sorgte dafür, dass ich noch 31 Jahre später Alpträume hatte, die ich mir nicht erklären konnte, bis ich zufällig drauf kam als ich wegen einer anderen Sache, einige Sitzungen auf der Couch des Seelenklempners verbringen musste. Seit her sind sie auch nie wieder aufgetaucht.

An dieser Geschichte kann ich mich selbst nicht erinnern, aber unsere Mutter erzählte sie immer wieder sehr gerne und mit Stolz, wenn das Thema „Kindererziehung“ irgendwo und wann aufkam.

Kaum konnte ich laufen, entdeckte ich auch eine Leidenschaft fürs „Weglaufen“. (Böse Zungen von lieben Menschen behaupten, dass ich bis heute diese Leidenschaft nachgehe.)

Meine zwei mittleren Geschwister wurden immer dazu verdonnert auf mich „das Miststück“ auf zu passen. Besonders in der Mittagszeit wurde es brenzlig. Die Eltern wollten ihre Siesta halten, im Sommer extrem heiß und überall lauerte die Gefahr von Giftschlangen, Unfallmöglichkeiten noch und noch. Hinzu kam, immer wenn ich weg lief tat ich meine Sache echt gut und kam sehr weit. Also zusätzlich Gefahr vom „bösen Mann“.

Irgendwann war es wieder soweit und ich lief weg.

Alleine das Suchen entpuppte sich als ein riesen Drama. Es war ja nicht so, als müsse man eine Wohnung oder Haus absuchen. Die gesamten 40Hektar, Die angrenzenden Nachbarsgrundstücke, Straßen, Urwald, Bäche, Schluchten, Ställe, Schuppen, Donnerbalken, Räucherkammer, usw, usw…

An so einer Suchaktionsafari nahmen erst nur die Familienmitglieder Teil, später wurden die Tageslöhner zusammengepfiffen, sogar die Hunde wurden angefeuert… (ich versuche, das hier so wiederzugeben, damit ihr es Euch bildlich vorstellen könnt um besser zu verstehen warum ich unsere Mutter auch verstehen kann.)

Nach Stunden des Suchen, sah unsere Mutter, wie hinterm Tor auf der Straße am Ende des Grundstückes, ein Reiter winkte.

Dieser fand mich marschierend auf der Straße auf und brachte mich dort hin. Es war zwar ein Hiesiger, aber ein Bekannter.

Unsere Mutter ahnte, dass sein Winken mit mir zu tun hat. Sie lief schnell runter und wirklich; da war ich. Inzwischen schon am heulen und meine kleinen Füsschen total erschöpft.

Wenn Ihr jetzt denkt ich war gerettet und wurde liebevoll nachhause getragen, täuscht Ihr Euch.

Meine Mutter riss ein paar Ranken von den links und rechts stehenden Weinstöcken und versohlte nicht nur meinen von Windeln gepolsterten Popo, sondern auch den nackten Beinchen und zwar ununterbrochen den gesamten 420Mr Weg hoch bis zum Haus.

Dort angekommen, waren meine Geschwister dran weil sie nicht richtig auf mich aufgepasst hatten.

Das war meine intensivste Begegnung mit dem „Lustmacher“.

…ich frage mich gerade… ist denn schon so lange her?

Oh ja!

Herzliche Grüße!

Freitag, 3. September 2010

Das Miststück

Das neue Haus wurde 420Mtr gen Berg entgegen und von der Straße weg gebaut. Erst sah es viele Jahre so aus, dann wurde links und rechts, oder oben und unten, besser eigentlich; hinten und vorne angebaut.
So blieb es auch bis wir es endgültig Ende August 1986 verließen.
Entschuldigung, so ganz blieb es nicht, denn in den 70ern wurde ein Badezimmer und Toilette angebaut. Früher erledigten wir solche Dinge im Klohäuschen draußen.
Hier geht die Geschichte weiter. Haus war größer, Kinder wurden geboren, wir bekamen alle unseren Namen und irgendwann auch beim Standesamt angemeldet. Aber, wie waren wir so als Kinder?
Neulich beim skypen mit meiner Schwester in Berlin, (sie kommentiert alle meine Blogeinträge mündlich und direkt. Ich schätze ihre Direktheit !) da sagte sie zu mir; „schreibst Du auch mal darüber, was für ein Miststück Du als Kind warst?“
1 – 2 – 3 – 4 – 5 – 6 – 7 – 8 – 9 – 10… tief einatmen und langsam ausatmen. (Das hilft meistens)
Da ich keine alternativ Stichwörter zur Auswahl bekam, muss ich wohl oder übel darüber schreiben. Ich habe schon immer getan, was man mir sagte.
Übrigens, beschreibe ich unsere Kindheit, so wie ich sie erlebt, miterlebt und empfunden habe. Ich bin mir sicher, meine Geschwister sind da anderer Meinung. "grins"
Ich stelle jetzt dieses Foto ein, da kann man sich schon fast ausrechnen, warum ich ein Miststück in den Augen meiner Geschwister war.
Der Älteste um ein Stück älter als die Mittleren, die nur etwas über ein Jahr voneinander getrennt waren. Dann drei Jahre und neun Monate später kam ich. Das ersehnte Geschwisterchen, dass auch noch der „Weihnachtsmann“ brachte, auf das man auch noch aufpassen muss, dass einem bei jedem Streich in die Suppe spuckt, wechselt zwangsläufig vom Geschwisterchen zur Plage, bzw. zu ein Miststück! An dieser Stelle; liebe Geschwister, ich bin Euer Werk!
Also schön der Reihe nach. Norberto und Manfredo waren schon immer so verschieden wie zwei Jungs nur sein können. Sie waren nicht wie Max und Moritz, aber Norberto der älteste war Max und Moritz in einem. Er war ein waschechter Lausbub, musste als Kind schon früh hart anpacken und somit unter den Geschwistern eher als Einzelgänger, ausgenommen von den Zeiten an denen unsere Eltern verreist bzw. verritten waren, da spielte er den Obermacker und lies den Boss raushängen. An solchen Tagen passierte immer jede Menge, doch bis unsere Eltern zurückwaren, war Gras drüber oder wir mussten alle das Maul halten, denn sonst hätten wir ja auch alle drauf bekommen. Doch mein angeborener Wahrheitssinn, zwang mich immer wieder zu petzen. Das trug sehr viel bei ,um ein gutes Miststück zu werden.
Unser großer Bruder heckte immer was Neues aus. Eigentlich täglich. Er war oder tat absolut furchtlos und war draufgängerisch. Ok, es waren auch raue Zeiten und Gefahr lauerte überall. Der Umgang mit Waffen war für uns Kinder so normal wie in der heutigen Zeit das Handy.
Ein kleines Erlebnis um meine Beschreibung besser zu verstehen. Wieder einmal waren wir allein, so im Alter von 3, 6, 7 und 9. Großer Bruder = Großer Boss. Unser Klo war draußen. Es wurden sehr große Löcher gegraben, ein Holzhäuschen drauf gesetzt, drinnen ein Erhöhung mit zwei runde Löcher. Ein großes passend für den Erwachsenen Po und ein kleineres für den kleinen Kinderpo. Mit Deckel, versteht sich. Wir haben als Kinder immer mit der Taschenlampe runter geleuchtet und uns um die vielen tausend Maden amüsiert. So, das war das Klo. Wie gesagt, eines Tages waren meine Schwester und ich auf Sitzung. Das heißt, ich habe sie nur begleitet. Die arme saß so schön da, als plötzlich neben ihr an der Wand eine riesen Vogelspinne runter kroch. Die Biester sind wirklich tellergroß dort. Sie erstarrte fast vor Angst und sagte; "Ella, geh hol schnell den Norbert." Ich tat was man mir sagte. Rannte ins Haus und stotterte das Geschehen. Der Norbert riss die Schrotflinte von der Wand, hin zum Klo wo unsere Schwester bewegungslos drauf saß, zielte auf die Spinne und Peng! Spinne tot, Loch im Klo und unser Opa, der Buschdoktor, musste mit der Pinzette die Holzsplitter aus Isoldes Po einzeln rausziehen. Das war der große Bruder.
Manfred und Isolde waren als Kinder immer zusammen. Sie waren beide sehr häuslich und harmonierten sehr gut. Manfred liebte schon als Kind das Kochen. Ein Huhn zu rupfen, es ausnehmen und es lecker zubereiten konnte er schon als Kind. Norbert hingegen, wusste wo was Essbares ohne große Anstrengung zu holen ist, wenn er hunger hatte. Hunder hatte er immer, da war es kein Wunder, dass ständig ganze Schinken und ganze Würste aus der Räucherkammer verschwanden.
Manfred hatte auch immer einen Gerechtigkeitssinn und war immer fürs genaue teilen. Einmal auch wieder, da schlachtete er wieder ein Huhn und verteilte die Innereien, ganz gerecht an allen Hunden draußen. (Wir hatten immer viele Hunde). Da schnappte ein Hund gierig zu und verletzte ihn kaum nennenswert an einem Finger. Wie gesagt, nicht die Rede wert, doch bald danach brach bei dem Hund die Tollwut aus und Manfred erwischte es auch bitter böse. Er war eigentlich so weit, dass Ärzte ihm aufgaben, aber wie durch ein Wunder, hat er es gepackt. Seine Liebe für Hunde und die gerechte Aufteilung aller Leckerbissen blieben ihm immer erhalten. Er sorgte auch rührend dafür, dass kein Hund, klein oder groß, fremd oder eigen, leer ausging, wenn eine Hündin auf natürliche Weise alle Rüden von weit und breit anzog. Unsere Mutter sperrte die Hündin im Weinkeller mit dem von ihr erwählten und standesangemessenen Decker ein. Der Rest blieb draußen und heulte, bellte und knurrte sich gegenseitig an. Wir wurden geschickt um einen Eimer Wasser drüber zu kippen damit Ruhe herrscht und die Eltern ihren Mittagsschlaf halten konnten. Aber Manfred ist hin, und lies alle draußen wartende Hunde, schön der Reihe nach rein. Nach ein paar Monaten wunderte sich unsere Mutter, warum bunt gemischte Hundebabys im Korb lagen. Besonders erstaunt war sie über den Halbdackel, bei so einer großen Mutter und Vater.
Manfred konnte auch sehr schön sticken. Er beglückte Oma und Großmutter mit einem bestickten Deckchen für den Tisch. Norbert hingegen, brannte schon mal seinen Namen mit Schießpulver auf der Tischplatte ein. Es blieb gerade übrig von der Bombe die er zum Fischen gebastelt hatte… (davon erzähl ich ein anderes Mal.)
Das waren in groben ganzen die Jungs.
Die Isolde, da gibt es eigentlich nicht viel zu erzählen. Sie war immer viel mit Manfred zusammen, doch dann ging sie in die Hauptstadt zur Schule und Manfred in eine andere Stadt.
Ich habe Isolde (Jule) immer sehr bewundert und beneidet. Sie war intelligent, sie konnte alles, war gut in der Schule, war hübsch und sehr beliebt. Sie war sehr Frühreif. Mit siebzehn geheiratet und mit achtzehn schon ein Kind. In dem Alter glaubte ich noch fest daran schwanger zu werden wenn ich auf ein Männerklo gehe. Ja wirklich, ich war eigentlich immer sehr naiv und gutgläubig.
Aber wieder zurück zur Kindheit. Wenn es einen nennenswerten Störfaktor für meine Geschwister gab, besonders für Manfred und Isolde, dann war ich das. Für Norbert eher nicht, für ihm war ich ein leichtes Dackel-Opfer. Er brauchte immer jemanden den er herumkommandieren konnte. Mit mir konnte er es. (Weitere Geschichten später.)
Nicht nur störte ich den Beiden gewaltig bei allem was sie taten, nein, sie wurden dazu verdonnert auf mich auf zu passen. Ich vermasselte ihnen jedes Spiel weil ich ja noch viel kleiner war und es nicht so konnte wie sie. Wenn die Beiden z.B. was von der Mama wollten, wurde ich geschickt… und wieder habe ich was vermasselt, denn ich sagte; „du sollst sagen, dass du caramelo (Bonbon) willst“. Ich war einfach zu blöd um es zu schnallen. Am schlimmsten war ja meine Petzerei. Ich konnte nie etwas vormachen. Umso schlimmer war es für mich, wenn Mutter uns allen herbei pfiff, uns vor sich aufstellte und der Schuldige solle sich melden. Einmal brauchte jemand Schnurr und riss es von ihr angefangene Häkelarbeit. Da standen wir auch wie die Soldaten vor ihr und keiner war‘s. zuletzt hieß es; „Ella, wenn Du es zugibst dann ist alles in Ordnung und keiner wird bestraft.“ Ich war es nicht und wurde gezwungen zum lügen. Ich träume hin und wieder immer noch davon.
Also in anderen Worten, mit mir als Kind konnte man keine Pferde stehlen. Ich war einfach zu blöd um zu kapieren, dass man auch mal ein wenig schummeln kann ohne dass die Welt gleich untergeht. Egal was ich tat um dabei zu sein, es war immer das Falsche.
Einmal kann ich mich erinnern, da war auch wieder so eine Situation und ich willigte zu einer Mutprobe ein. Wieder in der Mittagszeit als die Eltern ihre Siesta machten. Wir waren hinterm Weinkeller, dort wuchs viel Unkraut, unter anderem auch Brennnessel. Die sind bei uns kleinblättriger, buschiger und nicht so hoch. Doch die Wirkung ist die gleiche. Ich zog mich nackig aus und ließ mich mit dem Zeug am ganzen Körper verbrennen. Da waren unsere Eltern sauer, die anderen haben einen Arschvoll bekommen und ich habe am lautesten deswegen geheult.
Ich glaube es ist auch ganz normal, dass ältere Geschwister die kleinen gerne veräppeln. Ich wollte so gerne mit den Beiden spielen. Überhaupt einfach nur dazu gehören, aber ich war immer zu klein und zu blöd und schon bin ich wieder zu mein Papa gerannt und gepetzt.
Egal, ob ich was angestellt habe oder die Anderen, doch sie mussten dafür herhalten. Da ist es doch nicht mehr als verständlich, dass ich aus ihren Betrachtungswinkel, immer nur ein „Miststück“ war.
Außerdem, können wir heutzutage darüber lachen!
Bis zum nächsten Mal!