Die Erziehungsmaßnamen waren früher anders als heute. Das weiß auch jeder. Wenn uns heute die Kinder ausspielen wollen, wir die Nerven verlieren und die kleinen Plagen mal kurz anstupsen, muss man aufpassen, dass man keine Anzeige bekommt.
Was war das hingegen vor 50 – 60 Jahren (als wir Kinder waren) doch für ein Segen für genervte Eltern. Prügel, Schläge, übers Knie legen und je nach Stimmung mit Hose runter oder Hose an, mit dem Stock, mit dem Gummischlauch, mit der Hand oder mit dem Besen. Vor allem auch noch so ungerecht, vier Erwachsene gegen ein Kind! Ja, nicht alle auf einmal, aber immerhin war es legal von Eltern und Großeltern. Je nach Situation, auch mal von den Paten, Lehrer oder sonstigen „Großen“ was ab zu bekommen.
Ach ja, Kind sein war nicht immer wie es jetzt ist. Was war wohl besser? Ich persönlich stimme dafür das Beides falsch ist. Aber hier geht es nicht darum, was heute besser sein könnte, sondern einfach wie war es damals in Paraguay bei den Dreyer’s.
Da fange ich am besten gleich mal beim Titel an. „Der Lustmacher“… um Gottes Willen, denkt jetzt nicht das, was manche denken würden… Der Lustmacher war ganz bescheiden nur das Teil, das unsere Mutter holte, wenn wir keine Lust hatten zu gehorchen.
Hausarbeiten, Schulaufgaben, sich waschen oder einfach auch nur mal gerade sitzen bleiben, kommt nicht unbedingt zu den Begriffen „was Kinder mögen“. Mit anderen Worten; Kind hatte keine Lust oder sagte es auch. Dann sagte immer unsere Mutter; „soll ich den Lustmacher holen?“ Als sie es das erstemal sagte, fanden wir es noch ganz lustig und waren aufgeregt was wohl ein Lustmacher sein könnte. Vielleicht ein Caramelo? Oder gar ein Rippchen Schokolade? Nee, nee… sie brachte eine Rute!
Von da an gab es nicht nur die „Großen“, sondern auch noch zusätzlich den sch… Lustmacher!
Da fällt mir gerade ein, für die heutige Generation würde es „Bockmacher“ heißen. Und darüber werden auch mal eure Enkel lachen, ihr lieben Jungen!
Wenn ich von den „Großen“ schreibe, dann meine ich damit die Älteren/Erwachsenen oder auch größer als ein selbst.
Zwangsläufig wurde es auch irgendwann bei uns Zuhause zu eng. Die beiden Herren des Hauses prallten immer öfter wegen Meinungsverschiedenheiten gegeneinander. Der heranwachsende und älteste Spross glaubte auch, die Rolle des Oberhauptes sei ihm geweiht, sobald die zwei anderen Häupter sich anderweitig beschäftigten oder sich außer Hör- und Reichweite befanden.
Aber erst mal zurück zum Haus das zu eng für zweieinhalb Generationen wurde. Das sahen die „Großen“ ein und unsere Großeltern bauten sich ein eigenes Häuschen. Aufs gleiche Grundstück aber höchstens 30Mr entfernt. Eigene vier Wände, aber ganz wichtig war, weiterhin auf Hörweite zu bleiben. Grundsätzlich war es eine Notwendigkeit um den nötigen Sicherheitstand zu halten. Das hat jetzt nichts mit Versicherungen oder so zu tun, so was gab's ja nicht, es war eine sehr gefährliche Zeit wegen Überfälle und so.
Von der pikanteren Seite gesehen, diente diese Nähe als so was wie eine innerfamiliere Spionage Möglichkeit .
So bekam man immer noch mit, was im Haus der jüngeren Generation so vor sich ging. Besonders wenn es mal laut wurde, stieg auch der Interessepegel. Wehte dann vielleicht der Wind aus der falschen Richtung, konnte man immer noch ein wenig an den Pflanzen herumzupfen oder Unkraut in hörbarer Nähe rupfen. Anders ausgedrückt, es blieb immer und ewig zu eng!
Unsere Oma, Gott hat sie selig, war ein wenig arg neugierig. Ihre Schwiegertochter, unsere Mutter, Gott hat sie auch selig, wusste das zu gut und nutzte jede Gelegenheit sie in dieser Hinsicht ein wenig zu reizen.
Manchmal frage ich mich, ob der liebe Gott es inzwischen geschafft hat, dass die beiden Damen da oben gemeinsam auf einer Wolke sitzen und sich vertragen.
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Hier ein Bildchen von Oma und Opas neue Haus. Mit den Beiden natürlich und den drei Ältesten Geschwistern.


Er hatte seinen Spaß, in dem er uns bei Abwesenheit der Erwachsenen, wie Sklaven herumkommandierte. Taten wir es nicht, wurden wir von ihm auf irgendeiner Weise bestraft, oder kündigte es uns zumindest an.
Er blieb länger auf und spielte Karten mit der Angestellten. Wir mussten ins Bett und absolut ruhig sein. Wir durften uns nicht einmal umdrehen, weil der Strohsack raschelte (unsere Matratzen wurden mit trockenen Maisblättern gefüllt). Selbst wenn wir „mussten“, mussten wir es unterdrücken.
Als es bei einer Abwesenheit der Eltern mal wieder zu arg wurde, ging Manfredo und Isolde zu Opa und beklagten sich über Norbertos Sklaventreiberei.
Die Islode hielt sich im Hintergrund während Manfredo schweren Herzens alles rausließ was zu viel war. Kurzerhand schnappte sich der Großvater den unschuldigen Jungen, legte ihm übers Knie und versohlte seine kleine Sitzfläche so, dass der Arme ein paar Tage im stehen sitzen musste. Danach stellte er ihn vor sich hin und sagte oberbefehlshaberisch; „Das ist dafür gewesen, weil du deinen Bruder verpetzt hast!“ Erst dann nahm er sich den großen Bruder vor und verprügelte ihn gleichermaßen. Meine Schwester war noch klein, aber schon schlau genug um dankbar zu sein, den Mund im richtigen Moment gehalten zu haben.
Ich gebe ja auch zu, dass ich ein wenig über den Durchschnitt von unseren Vater verwöhnt wurde. Das wusste ich auch und rannte immer zu ihm und petzte. Was wiederum den Nachteil hatte, dass ich nochmehr geärgert wurde, wenn er außer Reichweite war.
Auch war ich so was wie ein „Milchkind“. Nur von Milch, Milch und nix anderes als Milch ernährte ich mich. Die ersten 23 Monate meines Lebens, nur Muttermilch. Ich war schon so groß, dass ich selbst den Schaukelstuhl vorrücken konnte, meine Mutter rückwärts draufschieben, auf ihren Schoße klettern und ihr Kleid aufknöpfen konnte. Später ein paar Jahre noch, hauptsächlich nur Kuhmilch, aber immer im Fläschchen morgens ans Bett gebracht und abends vorm Einschlafen genauso.
Eines Tages, Eltern weg - Bruder Boss… er machte mein Fläschchen und tat viel zu viel Zucker rein. Ich beschwerte mich. Er nahm das Fläschchen und tat Salz dazu, damit es nicht mehr zu süß ist. Ich beschwerte mich weil es zu salzig war. Er nahm das Fläschchen und tat Zucker dazu. Dann noch einmal Salz und wieder Zucker. Er erlaubte keine Beschwerde mehr, ich trank ein Teil dann drehte sich mein Magen um und schüttete alles zurück. Oh Backe, ich bekam einen Anschiss von ihm, weil ich zu blöd war mein Fläschchen zu trinken ohne zu kotzen!
Krass war ja die Bauchwehkur die er mir verpasste.
Ok, ich war schon immer sehr gutgläubig und man (Geschwister) konnten mich leicht veräppeln. Als Erwachsene haben wir inzwischen schon sehr oft über diese Geschichte gelacht. Nun kommt es auf ein paar Lacher mehr auch nicht mehr an.
Eine „Eltern weg - Bruder Boss Geschichte“.
Wieder musste ich früher und alleine ins Bett, weil ich ja dumm und klein war. Ich hörte aus meinem Zimmer, wie die anderen Geschwister nebenan im Wohnzimmer kicherten und ihren Spaß hatten. Ich wollte doch auch so gerne dabei sein.
Ich rief ganz sachte: Norbert…
Er: WAS?!!!
Ich mit Mäuschenstimme: darf ich raus?
Er: HALT DIE KLAPPE UND SCHLAF!!!
Ich, (nach einer Weile): Norbert…
Er: DU SOLLST ENDLICH SCHLAFEN!!! (Schimpfwort, Schimpfwort)
Ich, (ganz schlau): ich hab doch Bauchweh
Er: HALT ENDLICH DIE KLAPPE!!!
Ich (schluchzend und inzwischen tat der Bauch wirklich weh): Aber, mein Bauch tut doch so weh…
Er: STECK DEN FINGER IM AR… UND HALT ENDLICH DEINE KLAPPE!!!
Erstmal Ruhe…
Eine ganze weile später…
Ich: Norbert…
Er: WARUM SCHLÄFST DU NOCH NICHT???!!!
Ich: Mein Bauch tut immer noch weh…
Er: HAB DIR DOCH GESAGT DU SOLLT DEN FINGER IM AR… STECKEN!
Ich (laut schluchzend): Hab ihn doch noch stecken, aber mein Bauch tut immer noch weh…
Ja, es ist wohl nicht schwer zu erraten, wer von uns wohl am meisten dafür sorgte, dass der „Lustmacher“ nicht an Gebrauchsmangel litt.
Auch ich war mal als kleines Kind gewaltig dran. Da wusste ich zwar noch nicht was ein Lustmacher war, aber er sorgte dafür, dass ich noch 31 Jahre später Alpträume hatte, die ich mir nicht erklären konnte, bis ich zufällig drauf kam als ich wegen einer anderen Sache, einige Sitzungen auf der Couch des Seelenklempners verbringen musste. Seit her sind sie auch nie wieder aufgetaucht.
An dieser Geschichte kann ich mich selbst nicht erinnern, aber unsere Mutter erzählte sie immer wieder sehr gerne und mit Stolz, wenn das Thema „Kindererziehung“ irgendwo und wann aufkam.
Kaum konnte ich laufen, entdeckte ich auch eine Leidenschaft fürs „Weglaufen“. (Böse Zungen von lieben Menschen behaupten, dass ich bis heute diese Leidenschaft nachgehe.)
Meine zwei mittleren Geschwister wurden immer dazu verdonnert auf mich „das Miststück“ auf zu passen. Besonders in der Mittagszeit wurde es brenzlig. Die Eltern wollten ihre Siesta halten, im Sommer extrem heiß und überall lauerte die Gefahr von Giftschlangen, Unfallmöglichkeiten noch und noch. Hinzu kam, immer wenn ich weg lief tat ich meine Sache echt gut und kam sehr weit. Also zusätzlich Gefahr vom „bösen Mann“.
Irgendwann war es wieder soweit und ich lief weg.
Alleine das Suchen entpuppte sich als ein riesen Drama. Es war ja nicht so, als müsse man eine Wohnung oder Haus absuchen. Die gesamten 40Hektar, Die angrenzenden Nachbarsgrundstücke, Straßen, Urwald, Bäche, Schluchten, Ställe, Schuppen, Donnerbalken, Räucherkammer, usw, usw…
An so einer Suchaktionsafari nahmen erst nur die Familienmitglieder Teil, später wurden die Tageslöhner zusammengepfiffen, sogar die Hunde wurden angefeuert… (ich versuche, das hier so wiederzugeben, damit ihr es Euch bildlich vorstellen könnt um besser zu verstehen warum ich unsere Mutter auch verstehen kann.)
Nach Stunden des Suchen, sah unsere Mutter, wie hinterm Tor auf der Straße am Ende des Grundstückes, ein Reiter winkte.
Dieser fand mich marschierend auf der Straße auf und brachte mich dort hin. Es war zwar ein Hiesiger, aber ein Bekannter.
Unsere Mutter ahnte, dass sein Winken mit mir zu tun hat. Sie lief schnell runter und wirklich; da war ich. Inzwischen schon am heulen und meine kleinen Füsschen total erschöpft.
Wenn Ihr jetzt denkt ich war gerettet und wurde liebevoll nachhause getragen, täuscht Ihr Euch.
Meine Mutter riss ein paar Ranken von den links und rechts stehenden Weinstöcken und versohlte nicht nur meinen von Windeln gepolsterten Popo, sondern auch den nackten Beinchen und zwar ununterbrochen den gesamten 420Mr Weg hoch bis zum Haus.
Dort angekommen, waren meine Geschwister dran weil sie nicht richtig auf mich aufgepasst hatten.
Das war meine intensivste Begegnung mit dem „Lustmacher“.
…ich frage mich gerade… ist denn schon so lange her?
Oh ja!
Herzliche Grüße!